2011
09.27

Soundbox (Bad Lobenstein/D)
Datum: 04.12.2010 · DJs: Steffen Bennemann + Falk Dobermann

/// KAPITEL 1

Dobermann Ravestory

Es war an einem schönen winterlichen Samstagabend in Mittelthüringen. Schnee und Eis bremsten den Verkehr auf den Straßen. So sind wir im tiefsten Winter nach Blankenberg an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu Bayern gefahren, um noch einen Drink auf dem dortigen Dorffest als Kontrastprogramm zu nehmen.

Es war noch nicht viel los als wir gegen halb zehn dort eintrafen und doch die Disco Band „Galaxis“ peitschte das sich noch suchende Publikum mit gefühlten 130BPM an. Wir stellten uns unauffällig an einen Stehtisch an den Rand und genossen ein Pils und schäkerten, alles war trotz Musik entspannt. Wir beschlossen nach kurzer Überlegung, die Autos aufzusuchen und uns auf den Weg in die „Soundbox“ nach Bad Lobenstein zu begeben, die Mädels fuhren mit Ihrem dunkelblauen Ford Mondeo Kombi zu zweit vor, wir zu dritt mit guter Stimmung hinterher. Es lief der „Berghain02 Mix von Ben Klock“ im Autoradio. Wir alberten herum, feierten und waren ausgelassen während der Fahrt. Ich kann mich noch gut erinnern, ich schaute gerade auf den Boden, plötzlich sagte unser Fahrer „Oh nein, das machen sie nicht wirklich“ – da drehte sich das Auto der Mädels vor uns um die eigene Achse und stieß mit voller Wucht im 90° Winkel in den mit schneegefüllten Graben. Wir hielten sofort an und rannten zu den Mädels. Es war Ihnen Gott sei dank nichts passiert, außer einem großen Schock für alle. Wir zogen sie aus dem Tiefschnee aber das Auto bewegte sich trotz mehrer versuchte keinen Zentimeter. So kam der Dad der Fahrerin und wir nahmen die Beifahrerin mit uns, die verständlich sehr aufgelöst war, mit uns. Nach der Ankunft im Club versuchten wir erst einmal das geschehene abzustreifen und trösteten uns mit Rauchware und etwas Obst.

Der Abend im Club begann, Steffen Bennemann begann zu spielen und die Stimmung lockerte sich dank gutem Publikum schnell auf, nach ein – zwei Wodka Lemon gegen 3.30 Uhr übernahm ich die Stage und fing an. Eine sehr ausgelassen, gute Stimmung und dieser spezielle Flow, wo sich leute während des Auflegens bedanken und dich auf Hand und Stirn küssen möchten, machte sich breit. Selbst unsere Beifahrerin tanzte, etwas blass, aber ausgelassen.

Dobermann RavestoryAls ich nach ca. 2,5 Stunden gegen 6.00 Uhr die letzten Platten anspielte, es lief gerade Ricardo Villalobos „ What you say is more than I can say“, gesellte sich Steffen dazu und wir spielten ein paar Platten zusammen. Die letzten Stücke spielte Steffen und ich war so geflasht von der Idee von ihm, Howard Carpendale mit „Es geht um mehr als nur flüchtige Stunden“ zu hören und wir waren nun alle auf der Tanzfläche und keiner mehr hinterm Pult. Ich weiß nur noch wie ich mir das T-Shirt vom Leib riss und warf es auf den Mixer.

Steffen grinste schelmisch und wir waren glücklich.

Als nun noch ca. 15 Mann im Club, inklusive Personal waren, packte ich meine Tasche und stellte sie an die Treppe zum Aufgang ViP, um die Abrechnung mit dem Betreiber zu machen. Es vergingen ca. 2,5 Minuten bis alles schnell erledigt war, ich kam runter und dachte, oh mein Kollege hat meine Tasche schon ins Auto und ich frage Ihn „Danke, du hast meine Tasche schon ins Auto“!? Steffen wollte noch mit uns auf die „Muna“ Fahren. Ich fragte die Bardamen ob sie meinen Koffer gesehen haben – aber alle verneinten. In mir kroch, trotz leicht angetrunkenem Zustand, eine böse Vermutung nach oben, die sich 10 Minuten nachdem wir das gesamte Gebäude inkl. Abstellkammern und Toiletten durchsucht haben, bestätigte. Mein 3 Tage altes UDG-Case mit ca. 60 Platten und Einzelstücken war weg. Ich war draussen vorm Eingang, Steffen holte, realisierend der Situation, sein Plattencase aus unserem Auto und lies sich ins Hotel fahren. Zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich wie der einsamste Mensch der Welt und war den Tränen nah, ich fiel im spurlosen Schnee auf die Knie und wünschte mir, dass alles nur ein Traum ist und ich gleich aufwache. Man kann dieses Gefühl nicht beschreiben und manche werden denken es gibt schlimmeres, aber in diesem Moment gab es das nicht. Geistesgegenwärtig starteten wir, mein Fahrer und Mitfahrer, die Fahndungsaktion. Wir folgten kleinen Radspuren die Trolley ähnlich aussahen bis zu einer kleinen Bahnhofsstation, wie sich später heraus stellte, als wir dem Schienenersatzverkehr bis Wurzbach ca. 10km entfernt folgten, waren es doch nur russische Immigranten, die nicht wussten wie ihnen geschah als wir das Fahrzeug durchsuchen wollten. So mussten wir wieder zurück nach Bad Lobenstein – wichtige Zeit verrann. Wir bekamen noch einen Tipp von zwei Verdächtigen Gästen von dem Veranstalter, nachdem wir die Anzeige bei der jetzt auch schon am Tatort befindlichen Polizei aufgaben.

/// KAPITEL 2

Wir fuhren also zu dem besagten Haus der mutmaßlichen Täter in die Mitte Bad Lobensteins. Eine alte Frau öffnete uns und rief Ihren Enkel herunter. Er war mit einem Freund im Club und sah relativ müde aus. Er sagte er habe keinen Plattenkoffer und wüßte auch nichts davon und wie wir darauf kämen. Ich bat Ihn wenn er was erfahren sollte mir telefonisch bescheid zu geben, er sagte ja er hätte schon eine Idee wer Ihn haben könnte und sagt mir bescheid. Trotz dieser Aussage, gab ich mich damit nicht zufrieden und fuhr ich gegen Abend mit Thomas noch einmal die rund 50 Km nach Bad Lobenstein um Ihn zur Rede zu stellen. Dies zeigte Erfolg und ich bot Ihm 500€ wenn er mir den Koffer wieder besorgt, erklärte Ihm welchen Stellenwert der Koffer für mich hat und fragte ihn ob er sich noch an die Zeiten im Flucs Club Weira erinnern kann, was wunderlicher weise Wirkung bei Ihm zeigte und wir darüber plauderten. Er sagt „Naja die die ihn gefunden haben wissen eh nichts damit anzufangen und er wird schon wieder auftauchen“. So fuhren wir ernüchtert von dannen. Nach einer schlaflosen Nacht mit nur einem Gedanken, was waren alles für Schätze in meinem Koffer, die ich vielleicht nie wieder bekomme und ich rekonstruierte in der Nacht jede einzelne Platte die ich eingepackt hatte.

Dobermann RavestoryAm nächsten Tag es war gegen 15.00 Uhr, endlich ein Anruf. Der Tatverdächtige rief an und sagte „Ich habe eine sehr gute Nachricht für dich“ „Dein Koffer wurde bei der Mutter eines bekannten, die bei der Stadtverwaltung arbeitete von Bauhof Mitarbeitern bei der Schule im Schnee gefunden, es ist alles noch drin“. Ich sparte mir jegliche Kommentare, dachte mir meinen Teil und bedankte mich aufrichtig bei Ihm. Ich fuhr sofort los und der Druck löste sich auf der Fahrt nach Bad Lobenstein. Er übergab mir den Koffer und sagte „die konnten eh nix damit anfangen die ihn gefunden haben“. Und ich war Ihm seltsamerweise nicht mal sauer, sondern einfach nur erleichtert und froh das ich Ihn wieder hatte.

Seit diesem Tag, sehe ich mein Vinyl ganz anderen Augen, kaufe Schutzhüllen, lasse meine Tasche keinen Moment aus den Augen und bin auch ein Stück froh das so etwas passierte.

Denn somit hat eine schlechte Erfahrung, auch immer etwas Gutes.

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  1. […] Mein schrägster Rave: von Falk Dobermann […]

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